Memories im Grand Resort Bad Ragaz

29.03.2022
Christian

Restaurant Memories im Grand Resort Bad Ragaz

Memories. Erinnerungen.

Erinnerungen an einen Abend, den man nicht vergisst. Erinnerungen an Gerichte und Geschmackkombinationen. Erinnerungen an eine sagenhafte Getränkebegleitung. Erinnerungen an die offene Küche, das Brot, die Einladung zum Anrichten des Hauptgerichts, man könnte noch weiter aufzählen. Sven Wassmer, sein Team, seine Frau Armanda (Sommelier und Gastgeberin) und nicht zuletzt das ganze Serviceteam versuchen alles, um Erinnerungen in den Gästen zu hinterlassen. Der Besuch vom Memories beeindruckt auf eine ganz besondere Weise. Obwohl ein Restaurant von höchster Perfektion, mit 2 Sternen und 18 GM Punkten ausgezeichnet, wird hier weder mit Filets, exotischen Meeresfrüchten, Kaviar und Foie gras geprotzt, sondern in grandioser Art ein wirklich lokales Menu gezaubert. Die Gerichte sind nicht nur kreativ in der Kombination, sondern auch von der Herstellung etwas ganz Besonderes. Das Küchenteam macht sich intensive Gedanken über die Herkunft aus der Region, den Anbau und die Verarbeitung. Als Resultat erhält man eine alpine Küche, die in dieser Konsequenz auf so einem hohen Niveau wohl kaum ein Zweiter umsetzt.

Die Bilder mögen einen Eindruck geben, aber man muss es erlebt haben um zu begreifen, warum das Restaurant Memories heisst. Wir wurden vom Hotel für die Übernachtungen und das Menu eingeladen, in einem anderen Bericht findet ihr unsere Erfahrungen über das Hotel und das Restaurant verve by Sven. Zwei Rezepte haben wir auch bekommen: Chia Pudding und Frühstück im Verve – Pochiertes Ei, Tofucreme mit Liebstöckel und Tomatenmarmelade

Begehrte Plätze mit Blick in die Küche.

Aufwendig gestalteter Innenraum.

Snacks

Bereits die Snacks sind umwerfend. Die Küche ist konsequent und ganz intensiv auf die regionalen Produkte ausgelegt, das bekommen wir schon bei den winzigen Kleinigkeiten zu spüren. Das Tartelette ist gefüllt mit einer Bergkäsecrème aus 36 Monate lang im Keller gereiftem Sbrinz von einem Bauer aus Niedwalden, der den Käse auf über 1000 m auf der Alm produziert. Die Crème wird abgeschmeckt mit selbstgemachtem Löwenzahnhonig und gerösteten Haselnüssen. Auf einem weiteren Teller liegt ein Topinambur-Chip, dazwischen eingelegter Tobinambur, eine Crème von gerösteter Hefe sowie einige Scheiben geräuchertes Rinderherz.

Die Snacks gehen weiter mit leicht geräuchterter Rande, gefüllt mit Meerrettich, danach glasiert mit schwarzen Johannisbeeren.

Noch ein Snack: gepuffter Buchweizen, leicht karamellisiert, dazu eine grüne Crème aus Sauerampfer mit getrocknetem Moospulver und etwas wilder Sauerklee on top. Hier erkennt man besonders stark den engen Bezug von Sven Wassmer zur Natur.

Tartelette mit Bergkäsecreme

Rande, gefüllt mit Meerrettich, glasiert mit schwarzen Johannisbeeren.

Gepuffter Buchweizen, Sauerampfer, Sauerklee, Moos.

Brot ist im Memories mehr als einfach nur Beilage.

Sauerbrotteig. Butter.

Der Sous-Chef Benedikt Gerster ist im Memories für das Brot verantwortlich. Man gibt dem Brot so viel Raum, dass es als eigener Gang serviert wird. Und das ist auch gut so. Viel brauche ich hier allerdings nicht über das Brot zu schreiben, denn das hat das Hotel schon selbst getan! Im Magazin des Grand Resort Bad Ragaz findet ihr einen schönen Artikel über das Backen sowie auch gleich das Rezept für einen Sauerteigansatz. Da bekommt man Lust, gleich zu starten!

Für das Abendmenu wird das Brot jeden Tag zwei Stunden vor dem Service frisch gemacht. Der Teig wird 18 Stunden lang geführt und entwickelt dadurch intensive Aromen. Für den Teig verwendet Benedikt Gerster lokales Weizenmehl mit 10% Vollkornanteil aus Graubünden. Die Butter wird natürlich selbstgemacht, wobei der Rahm bei Zimmertemperatur einen Tag reifen kann, damit die Aromen noch stärker herauskommen.

Zwiebelbrotsuppe / Steinpilz / Trockenfleisch.

Zwiebelbrotsuppe. Steinpilz. Trockenfleisch.

Beim ersten Gang fehlt zunächst die Hauptzutat. In der schlichten Schale sind wunderschön drei kleine Teigtaschen angerichtet, die mit Steinpilzen gefüllt sind. Darüber Trockenfleisch fein gehobelt. Erst am Tisch wird die süss duftende Zwiebelsuppe aufgegossen. Für das Brot der Suppe verwendet man Reste des Sauerteigbrotes und lässt diese bei 90 Grad über Nacht mit den Zwiebeln ziehen. Ein ganz ausgezeichneter schön abgestimmter erster Gang.

Zur Zwiebel passt übrigens sehr gut ein Sherry, deshalb wurde der Adorado de Menade / Rueda / Spanien / N. V. gewählt. Bei der alkoholischfreien Getränkebegleitung wird Schwarztee Kobucha serviert.

Saibling. Sennenrahm. Tanne.

Absolut umwerfend der Berg-Saibling aus dem Val Lumnezia von Curdin Capeder. Seit vielen Jahren wird dieses Gericht von Sven Wassmer gekocht und so wurde für das Memories auch nichts mehr daran geändert. Der Saibling wird ganz leicht mit Heu und getrockneten Tannenzapfen geräuchert, die Sauce aus karamellisiertem Rahm hergestellt, abgeschmeckt mit Tannenöl.

Das Gericht zeigt eindrücklich, für was die Küche von Sven Wassmer steht. Wir erleben es noch häufiger an diesem Abend, dass man im Vergleich zu vielen anderen Sterne-Küchen auf ein extrem aufwendiges Anrichten verzichtet und der Gast zuweilen überrascht ist, mit wie wenig Zutaten im Memories die Gerichte kombiniert werden. Von der Zubereitung kann man das definitiv nicht sagen. In diesem von aussen eher einfachen Gericht steckt das ganze Wissen und Können von Sven Wassmer.

Weinbegleitung ist ein Chardonnay Schinznach Wanne / Tom Litwan / Aargau / Schweiz / 2017, alkoholischfrei wird ein Quitten Ice Tea serviert.

Rettich. Reismilch.

Rettich. Reismilch.

Die Idee zu diesem Gericht kam Sven bei einem Besuch in Japan. Dort wird häufig das Gemüse im Reis mitgekocht und bekommt so einen ganz anderen Geschmack. Der Rettich wird hier im Loto-Reis aus dem Tessin gekocht. Die Sorte Loto ist im Tessin am weitesten verbreitet, das lange Korn eignet sich hervorragend für Risotto, denn es bleibt beim Kochen lang al dente. Nachdem der Rettich fertig gegart und aus dem Reis genommen wurde, wird der Reis weiter gekocht, bis er komplett zerfällt und die weisse Sauce ergibt.

Die dunkle Sauce wird, typisch japanisch, aus der Kombu-Alge hergestellt, darüber Streifen der Alge und gehackte Korianderstengel.

Weinbegleitung: Viognier / Möhr-Niggli / Maienfeld / Schweiz / 2017

Sven Wassmer mit Team.

Sven Wassmer mit Team.

In der Mitte: Sous-Chef Benedikt Gerster

Zander. Zitrone. Topinambur.

Wir dürfen uns über ein weiteres Fisch-Gericht freuen, dieses Mal ein Zander aus dem Lago Maggiore, von daher bleiben wir regional. Während der Saibling durch den gebrannten Rahm geschmacklich recht mächtig war, ist der Zander mit Salzzitrone und mit in Beurre Blanc eingearbeitetem fermentiertem Topinambur eher frisch.

Dazu Chardonnay / Chr. Hermann / Fläsch / Schweiz / 2015.

Raclette. Trüffel.

Raclette dürfte es wohl noch in keinem Gourmet-Restaurant ins Menu geschafft haben. Aber die Kreativität von Sven Wassmer zeigt auch hier, dass nichts unmöglich ist. Selbsterklärend legt er nicht einfach eine Raclettescheibe auf eine Kartoffel. Über den Kartoffeln wird nämlich nur das „Käsewasser“ ohne das Protein des Käses gegeben. Dadurch erhält man zwar den Geschmack des Käses, nicht aber die volle Wucht eines Raclettes. Für die Kartoffel wurde die Bergkartoffel Corne de Gatte ausgewählt, die mit ihrer weichen Textur und dem buttrigen Geschmack ausgezeichnet passt. Dazu eine Crème vom Burgundertrüffel, darüber geraffelt Périgord Trüffel.

Auch wenn dieses Gericht einer der grossen Klassiker in der Küche von Sven Wassmer ist, so konnte es uns nicht voll überzeugen. Dazu serviert wurde Pinot Noir Olymp Stäger / Maienfeld / Schweiz / 2014 sowie Completer Réserve / Boner / Malans / Schweiz / 2011.

Taube. Sellerie. Laub.

Für den nächsten Gang werden wir für das Anrichten der Taube in die Küche eingeladen. So dürfen wir direkt dabei sein und zuschauen, wie der sich der Gang entwickelt. Neben der Königstaube aus der Bresse (Region in Frankreich, nördlich von Lyon) steht der Sellerie im Vordergrund, der wiederum lokal aus Graubünden vom Bio-Bauer Marcel Foffa kommt. Das „Buchenlaub“ wird ebenfalls mit Sellerie und Pilzen zubereitet. Wunderbar zart und eine Offenbarung, ein passendes Hauptgericht.

Dazu Réserve de la Comtesse / Chateau Pichon Comtesse de Lalande / Pauillac / Frankreich / 1996.

Weisse Johannisbeere. Negroni.

Als Zwischengang wird wiederum ein altbekanntes Gericht von Sven Wassmer serviert, ein Sorbet aus weisser Johannisbeere. Darüber ein selbst hergestellter, vier Wochen im Fass gereifter Negroni sowie als Topping ein Öl aus den Blättern der Johannesbeere. Von grosser Wichtigkeit ist deshalb, Bio-Beeren zu bekommen, was sich gar nicht als einfach herausgestellt hat. Die Beeren werden deshalb von einem Bio-Bauern bei Schaffhausen bezogen.

Hirt

Bretzeli werden in der Schweiz daheim in einer süssen Variante gebacken. Im Memories verwendet man für den Teig aber die fermentierte La Bonotte Kartoffeln und bekommt so eine herzhafte Note. Dazwischen der 3 Wochen gereifte cremige Weichkäse Hölzern Hirt von MYLK aus Basel, für den die Milch etwas länger stehengelassen wird, um sie saurer zu bekommen. Versteckt zischen den Schichten Wiesenkümmel und Zwiebelmarmelade. Passend dazu ein Churer Pinot Gris / von Tscharner / Graubünden / Schweiz / 2017.

Das Team beim Anrichten.

Patisseriechef Andy Vorbusch, früher im Dolder.

Milchreis

Für das Glacé von diesem Gang greift die Küche wieder auf den Tessiner Reis zurück und verarbeitet diesen zu einem Eis, darüber selbstgemachter Eierlikör und kandiertes Eigelb. Dazu Vouvray Reserve d’Automne / Domaine d’Orfeuilles / Vouvray / Frankreich / 2015.

Schokolade. Butter. Apfel.

Der Abschluss führt uns wieder in die Berge. Für die Älperschokolade wird die Molke, die bei der Käseproduktion anfällt, stark reduziert und als Crème angerichtet sowie noch in fester Form über das Gericht gehobelt. Dazu ein Glacé aus brauner Butter, Blätterteig mit Malz und 90-Tage-Äpfel als Crème. Am Besten, man zerbricht alles etwas, um es als Ganzes kosten zu können. Die Zutaten vereinen sich wunderbar zu einem weiteren alpinen Traum. Dazu Chateau Rieussec / ler Grand Cru Classe / Sauternes / Frankreich / 2010.

Schokolade. Butter. Apfel.

Als letzte Aufmerksamkeit eine Praline wiederum aus Älplerschokolade, ein in Reispapier eingewickelter Hanf-Nougat (dafür werden die Hanfsamen lange gemahlen bis eine Praliné-Masse entsteht, dann mit weisser Schokolade gebunden) und Schokoladen-Tartelette, gefüllt mit einer leicht fermentierten Salz-Karamell-Koji-Créme. Ein wahrlich perfekter Abschluss dieses 9-Gänge-Menus.

Zutaten für die alkoholfreie Getränkebegleitung.

Amanda Wassmer Bulgin erklärt uns ihr Konzept.

Getränkebegleitung – aussergewöhnlich!

Amanda Wassmer Bulgin – sie macht das Menu von ihrem Ehemann Sven erst zum Gesamtkunstwerk. Der Getränkebegleitung wird im Memories ein ausgesprochen grosser Raum gegeben. Einerseits zeitlich, denn die Ausführungen zu den Getränken nehmen mitunter Minuten in Anspruch, man setzt auch hier auf eine ausgezeichnete Kommunikation und betet nicht nur das Weingut und Jahrgang hinunter, wie das leider häufig der Fall ist. Aber Amanda setzt noch ganz neue Akzente. Die Begleitung kann in einer alkoholfreien Variante gewählt werden, eine Seltenheit! Wir wählen eine der beiden Varianten und sind begeistert, was für Pairings serviert werden.

Es würde zu viel Raum einnehmen, in diesem Bericht auch noch auf alle Weine und Getränke einzugehen, deshalb einfach nur der Ratschlag, dass man sich die um die CHF 130.- Getränkebegleitung auf jeden Fall gönnen sollte.

Fazit

Eigentlich habe ich oben in der Einleitung schon alles geschrieben. Man muss es einfach erlebt haben. Und was bleibt am stärksten in Erinnerung? Die Menschen, wie immer. Ein Restaurant kann noch so gut sein, wenn der Geist nicht transportiert werden kann, wenn man sich nicht willkommen fühlt und wenn man nicht spürt, dass es ehrlich gemeint ist, dann wird ein solcher Abend keine Erinnerung. Zumindest keine gute. Im Memories aber kommt jeder für sein Gericht verantwortliche Koch an den Tisch, erklärt die Idee und die Umsetzung und die Zutaten. Der Service ist nicht nur überaus freundlich, sondern begegnet den Gästen auf Augenhöhe. Kein devotes Herumschleichen um die Gäste, ob es den Königen wohl auch gut mundet, sondern ein bald freundschaftliches Verhalten für diese Augenblicke eines Abends. Und so passiert es auch, dass man bald minutenlange Erläuterungen über die dazugereichten Getränke erfahren darf und man mit jedem Satz die Begeisterung spürt, die das ganze Team in sich trägt. Und da die Menschen den Abend zu so einer schönen Erinnerung verwandeln, kann man sogar über den ein oder anderen Fehler hinwegsehen. Nur: es gab keinen, es war einfach alles perfekt.

Informationen

Restaurant Memories
Grand Resort Bad Ragaz AG
Bernhard-Simon-Strasse
7310 Bad Ragaz
Schweiz

+41 81 303 30 30
memories.ch/reservation/
Links
Website

Gourmoer (06.09.2020)

TheImportantStuff (Sommer 2020)

Das Filet (02.08.2020)

Gault Millau (29.11.2019)

NZZ, Bellevue (26.06.2019)

Hotel und Restaurants:

Besucht am 14.-16.02.2020

FoodFreaks wurde für die Übernachtungen und die Besuche in den Restaurants vom Hotel eingeladen. FoodFreaks nimmt diese Einladungen gerne entgegen, da ansonsten Restaurantbesuche wesentlich seltener möglich wären. Dennoch schreiben wir unsere Meinung.

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