Reisen | Unterwegs

Herbsttage im Saastal

4.12.2024
Christian

Bilderbuchstimmung in Saas-Fee

Die Zwischensaison mag nicht gerade als die ideale Reisezeit für die touristischen Bergdörfer erscheinen. Nach einer langen Sommersaison bereitet man sich auf den Winter vor. Meist, in dem man Hotel und Restaurant schliesst und für kurze Zeit verdiente Ferien an irgendeinem Strand macht. Aber gerade diese Zeit hat auch ihre Vorteile. Die Dörfer sind ruhig und nicht überlaufen, in den wenigen offenen Restaurants herrscht entspannte Stimmung. Zwar sind viele Bergbahnen geschlossen, die Klettersteige nicht mehr empfohlen, aber die meisten Wanderwege sind problemlos zu begehen, solange nicht der erste Schnee die Landschaft in eine andere Welt verwandelt. Nach frühem Schnee im September ist es wieder warm geworden und selbst im November lässt der Schnee auf sich warten. Ideal also für einen späten Kurzausflug nach Saas-Fee, das über den Lötschbergtunnel inzwischen derart schnell zu erreichen ist. Freitag Abend fährt zuweilen auch der Schnellbus, der fast ohne Stopp von Visp nach Saas-Fee fährt und somit nicht an jeder Haltestelle stoppt, was die Fahrtzeit fast halbiert.

 

Pilze zum Nicht-Essen

Der Pfad liegt noch im Schatten an diesem frühen Herbstmorgen. Ein kleines Bächlein fliesst neben dem Weg und macht den Weg zu etwas ganz Besonderem. Unterhalb sieht man durch die Lärchen Saas-Fee bereits in der Sonne liegen. Eugen „Geni“ Christen läuft vor uns, seine Augen richten sich aber nicht auf den Weg, sondern sind ständig auf der Suche. Seit vielen Jahren ist er der Pilzkontrolleur im Dorf, schon sein Vater hat sich um diese Aufgabe gekümmert. Mit Pilze sammeln verbindet er nicht nur, schöne Steinpilze in den Korb zu legen und dabei von einer Pilzsauce zu träumen, sondern jeden Pilz bestimmen zu können, die Sporen mit dem Mikroskop zu analysieren und wenn es sein muss, sie zur Analyse einzuschicken. Wenig verwunderlich, sucht er weit über der Baumgrenze, um etwas Besonderes zu finden. Und so konnte er hoch über Saas-Fee auf 3445 m Höhe vor Jahren den kleinen Kahlkopf finden, den höchsten bisher gefundenen Pilz Europas. Wobei er in der Höhe nicht nur nach Pilzen Ausschau hält, sondern auch nach den Blumen. Die wandern seit vielen Jahren durch den Klimawandel bedingt immer weiter hoch. Wo es früher nur ein paar wenige Arten gab, breiten sich inzwischen über 14 verschiedene Arten aus. Die höchste Blume hat er in einer kleinen Spalte auf über 4000 m am Dom gefunden, einen zweiblütrigen Steinbrech. Den Pilzen scheint das egal, deren Verbreitung scheint sich, zumindest momentan noch, nicht gross geändert zu haben.

Die Zeit der Steinpilze ist vorbei, wir finden Gestalten wie den horngrauen Rübling, weisse Trichterlinge, Bluttäublinge, die grün- und die rauchblättrigen Schwefelköpfe, die alle nicht gross dazu animieren, in einer Pfanne geschmort zu werden. Einer ist dann aber aus der Perspektive des Kochs interessant: der Lärchen-Schneckling. Gelb, wächst nur bei Lärchen, essbar!

Aber nicht nur zu Pilzen weiss Geni Geschichten zu erzählen. So erklärt er uns beispielsweise die Arve, die als einzige Nadelbaumart fünf Nadeln an einem Bund zusammengefasst hat, während es bei den meisten Bäumen nur zwei Nadeln sind. Oder die aussergewöhnliche Form der Arvenzapfen, in denen die essbaren Arvennüsse schlummern. Besonders spannend aber ist die leuchtend grüne Wolfsflechte, die wir hier an fast jedem Baum finden. Früher hat man sie in die Köder gemischt, um die Wölfe zu vergiften. Die in der Flechte enthaltene Vulpinsäure ist sehr giftig und sorgt für eine Lähmung der Atmungsorgane.

 

Schnee zu jeder Jahreszeit

Saas-Fee heisst nicht nur Wandern, sondern auch Skifahren. Und das zu jeder Jahreszeit! Damit man also das Skifahren über’s Jahr nicht verlernt, lohnt sich auch im Sommer der Besuch. Mit dem Alpin Express 1 geht es zuerst von Chalbermatten hoch zu Morenia, dann mit dem Alpin Express 2 zum über 3000 m gelegenem Felskinn und schliesslich mit der unterirdischen Metro Alpin bis Mittelallalin, auf 3500 m Höhe. Das Restaurant dort oben dreht sich, aber nach dem schnellen Höhenwechsel dreht es einem erstmal selbst. Der Ausblick hingegen gibt die Ruhe zurück und bei schönen Tagen ist dieser Blick kaum zu fassen. Italien liegt gleich ein paar Bergketten weiter, auf der anderen Seite reiht sich ein Viertausender an den nächsten. Wer mal Viertausender abklappern will, ist hier gut aufgehoben. Insbesondere das Allalinhorn ist ein guter Einstiegsberg. Wir entscheiden uns für die gemässigte Variante, fahren zurück zu Morenia und laufen nach Saas-Fee, die Viertausender heben wir uns für das nächste Mal auf.

Abstieg ins Tal

Es gibt drei Gruppen von Wanderern:

  1. Hochlaufen und mit der Seilbahn runter (für diejenigen, die es im Knie haben oder Angst davor, es bald im Knie zu haben)
  2. Mit der Seilbahn hoch und runterlaufen (für Kinder und diejenigen, denen die Knie egal sind)
  3. Hoch- und Runterlaufen (das ist dann nichts für ein Relax-Wochenende…)
  4. Mit der Seilbahn hoch und runter (die fallen nicht unter die Gruppe Wanderer)

Da wir das Ticket ja schon haben, wäre es ja schade, es nicht zu nutzen. Also Variante 2, unsere Knie sind noch prima und beim Wandern zurück nach Saas-Fee können wir die Natur so richtig in uns aufnehmen. Die Murmele vom letzten Besuch im Sommer haben sich schon schlafen gelegt, andere Wanderer sind nicht zu sehen und so sind wir vollkommen allein. Der Weg wird zuweilen unterbrochen von eisigen Partien, in der Nacht gefrieren die kleinen Bäche und hinterlassen eine unglaubliche Schönheit aus Eis.

Restaurants – zwei neue Entdeckungen

Wandern macht hungrig, Skifahren auch, und Nichstun irgendwie auch. Deshalb ist die Suche nach einem Restaurant nach allen Aktivitäten und Nicht-Aktivitäten Pflicht. Wir entscheiden uns für den Steinbock, denn die geliebte Schäferstube ist geschlossen. Die Atmosphäre ist gemütlich alpin, der Service freundlich und schnell. Die Vorspeise überrascht, die Kombination von gebeiztem Fisch mit Variationen von Blumenkohl überzeugt vollkommen. Erinnerungen an die Schäferstube werden wach, damals gab es dort ein Ceviche mit Blumenkohlcreme. Erst später erfahren wir, dass seit kurzem Simone und Daniel von der Schäferstube auch den Steinbock übernommen haben. Was für ein Glück für Saas-Fee!

Der zweite Abend führt uns ins Capra. Das Hotel ist schon seit langer Zeit eine ausgezeichnete Adresse für den Aufenthalt in Saas-Fee. Das Restaurant steht natürlich nicht nur den Hotelgästen zur Verfügung. Die Räume sind verwinkelt und stilvoll eingerichtet. Der Service ist blitzschnell und serviert aus der kleinen Karte als Vorspeise ein Kohlrabi-Carpaccio mit Sbrinz, Haselnüssen und getrockneten Aprikosen sowie ein frisch geschnittenes Rindertartar und Brioche. Als Hauptgerichte wählen wir hausgemachte Maltagliati mit Wildschwein sowie ein LUMA Rehrückenfilet und Hirschrücken mit Rotkohl. Ein schönes Menu in edler Atmosphäre.

Zweiter Morgen

Die Tour von Morenia nach Saas-Fee hinunter war derart schön, dass wir sie am Morgen mit anderem Licht wiederholen. Wieder sind wir vollkommen alleine unterwegs und können den schönen Pfad und die herbstlichen Lärchen gleich nochmal geniessen.

Abschied

Wie sagte doch der Dramaturg und Wahlbürger von Saas-Fee Carl Zuckmayer? „Man steht am Ende der Welt und zugleich an ihrem Ursprung, an ihrem Anbeginn und in ihrer Mitte.“ Und so fällt der Abschied wie immer schwer. Der Bus stoppt dieses Mal bei jeder kleinen Haltestelle und so geht der Heimweg erst langsam von statten. Es bleibt Zeit für ein langsames Abschiednehmen aus dem Tal. Aber es gibt immer noch genug zu entdecken, das nächste Mal entweder mit Skien oder mit Klettergurt, je nach Jahreszeit.

 

Restaurant Steinbock

Untere Dorfstrasse 62
3906 Saas-Fee
Tel: +41 27 957 27 47

Webseite
Instagram

 

Capra
Lomattenstrasse 6
3906 Saas-Fee
Tel. +41 27 958 13 58

Webseite
Instagram
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Hotel Les Amis

Obere Dorfstrasse 15
3906 Saas-Fee
Tel. +41 27 530 50 15

Webseite

Dieser Bericht ist durch eine Zusammenarbeit mit Saas-Fee Tourismus zustande gekommen. Wir wurden für die Übernachtungen sowie die Abendessen eingeladen. Des weiteren wurden die Tickets für die Bergbahnen zur Verfügung gestellt. Dennoch lassen wir uns bei der Berichterstattung nicht durch die Einladungen beeinflussen.

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Typisch Pop-up: leider gibt es das Pop-up nicht mehr, das gab es nur im August 2024. Dafür gibt es das Restaurant immer noch und die Gerichte könnt ihr im Restaurant 7132 Silvers genissen.

1 Kommentare

1 Kommentar

  1. jürgen

    erinnert mich an meine Tour auf das Stecknadelhorn, damals allerdings noch ohne den Besuch von Edelrestaurants in Saas-Fee

    Antworten
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