Die Küche des Hotel Helvetia ist eigentlich klassisch. Diese Institution in Zürich, zischen Sihl und Stauffacher gelegen, hat sich in ein schmuckes Boutique-Hotel verwandelt, die Küche vorwiegend geprägt durch den Namen: Helvetia. Entsprechend findet man Rösti, Hackbraten (den wohl Besten der Stadt), Leberli, Tatar. Aber ab und zu schleichen sich ein paar andere Gerichte auf die Karte. Der Grund, warum diese, ganz im Kontrast zum Haus, aus Thailand kommen, liegt am Faible des Küchenchef Mathias Schendel, der seine Ferien am Liebsten in Thailand verbringt. Während andere Touristen am Strand herumliegen, scheint er möglichst in jede Küche hineinzuschauen und alles aufzusaugen, was es dort zu kochen gibt. Entsprechend sind die Gerichte nicht einfach „nur“ Thailändisch, sondern wirklich besonders.
Um in sein Reich zu kommen, geht es ein Stockwerk runter, im alten Gebäude hat es für die Küche im Erdgeschoss keinen Platz, denn da findet man die alte Bar, draussen die Terrasse und vom Hotel diverse wunderschöne Räume, wie den Leseraum. Über der Bar das stilvolle Restaurant, von dem man fast rundherum einen Blick auf das Treiben Zürichs hat. Wen das nicht interessiert, der kann an die Wände schauen, denn dort hängen ständig wechselnd neue Gemälde von Künstlern. Kunstinteressierte können als das als Vorwand nehmen, um immer wieder ins Restaurant zu kommen. Foodbegeisterte haben derartige Ausreden nicht nötig, die können einfach wegen dem Essen ständig wiederkommen.
Aber zurück zur Küche: ich stehe Mathias in der Küche im Weg herum, fotographiere jeden Handgriff des Gerichts. Wusstet ihr, dass man Zitronengras nicht nur halbiert in Suppen schmeisst und vor dem Essen wieder herausfischt, sondern dass man es auch perfekt essen kann? Dafür wird das obere Drittel abgeschnitten, der Rest längs geviertelt, dann der Strunk herausgeschnitten und anschliessend hauchdünn geschnitten.
Seine Kreation ist aufwenig. Nachdem das Zitronengras feinst geschnitten wurde, kommen Schalotten, Krachai (Chinesischer Ingwer), rote Peperoncini (nicht scharf) und Thai-Chili (richtig scharf) dran. Feinst schneiden und vermischen. Diese Mischung wird später auf den Fisch gelegt.
Warum eigentlich Chörbli? Die asiatischen Bambusdämpfer gibt es auch in einer ganz kleinen Variante, so bekommt jeder Gast seinen eigenen Dämpfer. Und Chörbli ist Schweizerdeutsch für Körbchen, von daher passt das doch ganz gut.
Wenn ihr gedacht habt, dass wenigstens das mit dem Fisch einfach werden wird, habt ihr euch getäuscht. Mathias verwendet gleich zwei verschiedene Forellen, eine eher fettigere Bachforelle mit rotem, festerem, kräftigem Geschmack, sowie eine Regenbogenforelle mit weissem, etwas nussigerem Geschmack. Die Filets werden bestrichen mit einer Marinade aus Korianderwurzel, Zitronengrass, Tamarindenpaste, Fischsauce, Palmzucker, geröstetem Knoblauch und Bouillon. Wie sie genau zubereitet wird, steht unten im Rezept. Die Fischfilets werden mit der Marinade eingerieben, dann im Chörbli auf Europagras (Pak Chi), Chinakohl und Thaibasilikum (im Foto fälschlicherweise Koriander) gelegt, das ganze Feingeschnittene darüber, dann kommt der Topf in den Dampf.
Mathias kam hier auf eine ganz geniale Idee. Statt den Topf normal zu verwenden, dreht er ihn einfach um und befüllt ihn von der „niedrigen“ Seite. Warum? Weil man dann am Tisch den Fisch viel einfacher vom Korb auf den Keller bekommt und man nicht so tief in die Topf greifen muss.
Zur Marinade:
Mathias hat zwar recht detaillierte Angaben im Rezept, aber dennoch könnt ihr mit den Aromen etwas spielen. Diese Praxis hat er in der thailändischen Küche kennengelernt:
Ist sie zu sauer, etwas Zucker nachgeben.
Ist sie zu süss, etwas Tamarinde nachgeben.
Ist sie zu süss und zu sauer, etwas Fischsauce nachgeben.
Was noch? Mathias serviert das Gericht mit einem Erbsenrisotto (extra Rezept), Korianderöl (extra Rezept) und frittierten Artischockenböden (bloss nicht vergessen, die sind genial!). Ganz grandios sind übrigens die hauchdünn geschnittenen Kafirlimettenblätter. Auch die landen normalerweise einfach nur im Suppentopf und werden dann wieder rausgefischt. Wenn ihr aber zuerst den inneren Stiel im Blatt entfernt, die Blätter aufrollt und feinst schneidet, passen sie in fast jedes asiatische Gericht auf den Reis! Unbedingt ausprobieren!
Forelle im Thaichörbli
Werkzeuge
- 1 Bambuskorb mittelgross
Zutaten
Zutaten Marinade
- 0.5 St Korianderwurzel
- 0.25 St Zitronengras
- 1 TL Tamarindenpaste
- 70 ml Bouillon
- 1 TL thailändische Fischsauce
- 10 gr Palmzucker
- 10 gr Knobli
Zutaten Chörbli
- 60 gr Bachforellenfilet
- 60 gr Regenbogenforellenfilet
- 0.5 St Zitronengras
- 2 Krachai (chinesischer Ingwer)
- 0.5 St Schalotte
- 0.25 St rote Peperoncini
- 0.5 St rote Thaichili
- 0.5 St Pak Chi farang (Europagras)
- 0.5 Blatt Chinakohl
- 10 Blatt Thaibasilikum
- Fleur de Sel
Zutaten Artischockenherzen
- 1 Artischockenboden, tiefgekühlt
- Mehl
- Maizena
- Sonnenblumenöl, zum Frittieren
Sonstige Zutaten
- 30 gr Erbsenrisotto, extra Rezept
- 1 TL Koriander-Minzöl, extra Rezept
Zubereitung
Zubereitung Marinade
- Die 0.5 St Korianderwurzel waschen und längs halbieren.
- Das 0.25 St Zitronengras grob schneiden, dann im Mörser leicht zerdrücken.
- Beides mit 1 TL Tamarindenpaste, 70 ml Bouillon, 1 TL thailändische Fischsauce, dem 10 gr Palmzucker und dem 10 gr Knobli in einen flachen Topf geben, langsam aufkochen.
- Hitze halbieren. Ungefähr eine Stunde köcheln, dann durch einen feinen Sieb absieben
- Die Marinade auf rund die Hälfte reduzieren und abschmecken.
- Abkühlen lassen.
Zubereitung Chörbli
- Das obere Drittel des 0.5 St Zitronengras abschneiden, den Rest längst vierteln. Den Strunk herausschneiden.
- Den 2 Krachai (chinesischer Ingwer) längs viertel und sehr fein schneiden.
- Die 0.5 St Schalotte, die 0.25 St rote Peperoncini und die 0.5 St rote Thaichili ebenfalls sehr fein würfeln und mischen.
- Bambuskörbe mit den grünen Blättern vom 0.5 St Pak Chi farang (Europagras), 0.5 Blatt Chinakohl sowie 10 Blatt Thaibasilikum auslegen.
- Die 60 gr Bachforellenfilet und 60 gr Regenbogenforellenfilet salzen, dann marinieren.
- Die marinierten Filets in die Bambuskörbe auf die grünen Blätter legen.
- Auf die Fische die fein geschnittenen Zutaten Korianderwurzel, Zitronengras, Schalotte und Peperoni darüberschichten.
- Einen kleinen Topf mit 1 Drittel Wasser zum Kochen bringen. Ein Küchensieb mit dem Bambuskorb draufsetzen und ca. 5 -7 Minuten dämpfen. Es ist wichtig, dass Topf, Sieb und Bambuskorb grössenkompatibel sind, damit sich die Hitze nur im Korb ausbreiten kann und nicht entweicht.
- Am Ende den Fisch mit Marinade nochmals beträufeln und mit Fleur de Sel würzen.
Zubereitung Artischockenherzen
- Artischockenherzen fachgerecht aus den Artischocken lösen und in Zitronenwasser bissfest garen (Tiefkühlware geht ebenfalls).
- In Mehl und Maizena wenden, überschüssiges Mehl abklopfen.
- In Sonnenblumenöl bei ca. 160 Grad Celsius knusprig frittieren,salzen.
Das Rezept wurde von Mathias Schendel vom Hotel Helvetia zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!
Boutique & Art Hotel Helvetia
Stauffacherquai 3
8004 Zürich
Schweiz
Tel. +41 44 297 99 99
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