In der Bahnhofstrasse in Zürich herrscht geschäftiges Treiben. Die Menschen gehen mit vollen Taschen auf und ab, der Gang wird nur unterbrochen durch die Trams, die hier im beständigen Rhythmus eines Uhrwerks geradezu im Sekundentakt hin und herfahren. Von ehrwürdigen Traditionen ist in dieser teuren Prachtstrasse hingegen nicht viel geblieben. Wie in allen Stadtzentren der Welt haben sich Allerweltsmarken eingekauft und breitgemacht, die somit jede Besonderheit und Individualität einer Stadt zunichte macht. Egal ob altes Modehaus, Café oder mein geliebter Schuhladen, Tradition geht, Kommerz kommt. Hebt man nicht ab und zu den Blick hoch, um auf die Fassaden zu schauen, merkt man nur aufgrund der Temperatur, ob man sich in Hamburg, Rom oder London befindet.
Hottingen / Rebberg Sonnenberg / z.B. «Stadt Zürich Brut», Pinot Noir nach Champagner Methode
Riesbach / Rebberg Burghalde / Kerner, Gewürztraminer, Räuschling
Zürich-Enge / Rebberg Bürgli / vorwiegend Riesling-Sylvaner
Aus über 10 verschiedenen Rebsorten werden knapp 30 verschiedene Weine gekeltert.
Rot: Pinot Noir, Zweigelt, Merlot
Weiss: Kerner, Räuschling, Gewürztraminer, Riesling-Sylvanter
Wir waren eingeladen, zumindest einen kleinen Teil der Wanderung zu erleben und erlebten bei herrlichem Wetter eine Tour zum Rebberg Burghalde. Immer wieder wurde gestoppt, die Besonderheiten des Rebbergs erläutert und so nebenbei die Weine der Stadtzürcher Rebberge gekostet.
Wir dürfen zuerst den Räuschling probieren, die älteste Zürcher Traubensorte. Warum er so heisst, ist nicht ganz klar. Die einen sagen, die grossen Blätter rauschen so schön im Wind, die anderen führen es eher darauf zurück, dass es schnell einen Rausch gibt. Jedenfalls ist der Räuschling sehr schwierig anzubauen, entweder ist er überreif oder nicht reif oder geht kaputt. Der Wein hat wenig Frucht, wenig Säure, ist aber erfrischend gut und sehr beliebt.
Der Rebberg ist zwar nicht Bio, aber auch Nachhaltigkeit wird dennoch geachtet. Zwischen den Reben ist alles grün und in einem gerade beendeten Projekt wurden die alten Weinstöcke aufgeschichtet, in denen sich die Mauswieseln ansiedeln sollen. Die wissen das aber anscheinend noch nicht. Bis dahin sorgen sich die Milane um die Arbeit, die Mäuse zu fangen.
Aber auch der Kerner wird hier oben von Landolt angebaut. Als Landolt 1985 mit dem Anbau dieser aus Deutschland kommenden Traubensorte starten wollte, war es in der Schweiz noch gar nicht erlaubt und es musste erst ein Gesuch bei der Forschungsanstalt gestellt werden. 10 Jahre später hat sich die Situation gewandelt, der GM hatte damals den Kerner, der sich durch einen hohen Alkoholgehalt auszeichnet, gar als besten Schweizer Weisswein ausgezeichnet.
Regen war vorhergesagt an diesem Nachmittag, aber wir wurden dann genau wie die Trauben doch mit Sonne verwöhnt. Mit herrlichem Blick auf den See haben wir viele Geschichten gehört, den Wein probiert und am Ende in dem kleinen, schön renovierten Häusschen einen Apero serviert bekommen, den der Chefkoch des Schweizerhofs angerichtet hatte. Es ist etwas ganz Besonderes, das man wohl in kaum einer anderen Grossstadt zu Gesicht bekommt: Weinreben mitten in der Stadt. Es bleibt deshalb auch der Stadt Zürich zu danken, dass sie dafür Sorge tragen und die Flächen nicht als Bauland ausschrieben, sondern in dieser Form damit die Landschaft prägen und verschönern. Aber Dank natürlich auch an Landolt Weine, die aus den Trauben erst das produzieren, was wir an diesem Nachmittag geniessen durften.
Bahnhofpl. 7
8001 Zürich
Tel.: +41 44 218 88 88
Landolt Weine
Uetlibergstrasse 130
8045 Zürich
Tel.: +41 44 283 26 26
Besucht am 24.06.2021
FoodFreaks wurde für die Weinwanderung eingeladen. Dennoch schreiben wir unsere Meinung und lassen uns von der Einladung nicht beeinflussen.
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