Zürich
Zürich ist eine unglaubliche Stadt. Oder sind wir böse, ein Dorf? Sind die Menschen hier weltoffen, das Kulturangebot riesig, die Gastronomie grandios? Mit der Weltoffenheit mag es manchmal hapern, aber beim Angebot der Kultur und Gastronomie liegt Zürich definitiv weit vorne (auch wenn man sich Sonntags oder nach 11 Uhr nicht einbilden sollte, irgendwo essen gehen zu können). Aber in diesem Blog geht es nur um eines, ums Essen!
Entgegen vieler Meinungen, die sich über die Qualität Zürcher Küche beschweren, ich finde sie fantastisch! Egal ob der einfache Italiener, der Grieche oder Fine Dining, das Angebot ist grandios und die Preise, nun, das ist so eine Sache, die sind halt einfach hoch. Aber Qualität hat seinen Preis. Und der Preis kann manchmal richtig hoch sein. Wir sind heute beim Dolder, bei der Google-Suche wird das Zimmer gleich mit CHF 600 angegeben, das liegt nicht im Budget. Aber für’s Essen war uns schon immer jeder Preis zweitrangig.
Nespresso
Aber was hat das alles mit Nespresso zu tun? Wir sind heute von Nespresso zum Lunch eingeladen, quasi als Pre-Opening für die Nespresso Gourmet Weeks. Vom 29. Oktober bis zum 19. November 2017 servieren 25 Spitzenköche der Schweiz entweder ein Lunch- oder Abendmenu, in dem in jedem Gang etwas Nespresso-Kaffee hineingezaubert wird. Im letzten Jahr durften wir das Weisse Kreuz besuchen, heute das erste Mal im The Restaurant bei Heiko Nieder im Dolder.
Die Preise der Menus sind durch Nespresso vorgegeben, CHF 70 am Mittag, CHF 120 am Abend. Es soll auch für die Menschen ein Anreiz sein, die in der gehobenen Küche selten essen gehen und so motiviert werden, auch mal die Spitzenküche zu testen.
Eines kann man schon vorweg nehmen, wir waren vollkommen begeistert!
- Meeresfrüchte-Bouillon
- Kalb mit Karotte
- Kokosnuss-Namelaka
Aber davor und danach werden uns Unmengen feinster Köstlichkeiten serviert, die hier näher zu beschreiben kaum Sinn machen würde. Sie alle sind ein Hauch von nichts, versprühen aber dennoch eine Explosion von Aromen im Gaumen. Im The Restaurant wird auf höchstem Niveau gezaubert, was auch 2 Sterne und 18 GM Punkte bestätigen.
Meeresfrüchte-Bouillon. Banane. Rucola.
Einstieg in die Welt der Aromen mit Kaffee. Heiko Nieder startet mit einem starken Grand Cru, der aber nur dezent herauskommt. Wüsste man es nicht, würde man es kaum merken. Kaffee geht gut mit Banane, auch mit Meeresfrüchten, das hat Heiko Nieder schon in anderen Kreationen unter Beweis gestellt. In einem wunderschönen Kranz aus Muscheln, dünnen Calamari-Ringen und Garnelen, gekochtem Rucola und getrockneten Bananenringen wird die köstliche Essenz am Tisch eingegossen. Die Meeresfrüchte von perfekter Konsistenz, geschmacklich umwerfend.
Dazu ein starker Weisswein aus dem Gebiet Condrieu, in dem er an steilen Lagen angebaut wird. Die Traube Viognier war Mitte Jahrhundert fast „ausgestorben“, der markante, eher hochpreisige Weisswein bekommt aber immer mehr Aufmerksamkeit. Der Invitare hat eine schöne kräftige Farbe, Aprikosen Aromen, schöne Säure, leichte Vanillearomen, im Barrique ausgebaut.
Grand Cru Indriya from India
Die Meeresfrüchte-Bouillon hatte einen starken Eigengeschmack, sicher hat Heiko Nieder deshalb auch einen starken und vor allem würzigen Kaffee gewählt. Der Kaffee enthält neben Arabica auch Robusta, dieser auf höheren Lagen, beide aus Indien. In der Nachbarschaft wachsen Pfeffer und Gewürze und die scheinen auf den Kaffee abzufärben. Der Robusto wird stärker geröstet als der Arabica, er ergibt eine schöne kräftige Kombination von starken Aromen.
Kalb. Karotte. Gewürzbrot.
Im Hauptgang treten die Kaffee-Aromen deutlicher hervor, trotz geringerer Intensität des Kaffee. Aber beim wiederum wunderschön angerichteten Kalb braucht es mengenmässig auch mehr Kaffee-Geschmack, um dem Fleisch entgegen zu treten. Das Gewürzbrot trennt die verschiedenen Kombinationen der Karotte vom Fleisch. Spannend auch die Karotte in Form eines festen Gelees, das mich an die Cooketion mit David von Das Filet erinnert. Der Gang beweisst, wie perfekt Kaffee auch mit Essen gepaart werden kann.
Auch beim nächsten Glas Wein kann ich nicht Nein sagen, auch wenn wir beim Lunch und nicht beim Dinner sitzen. Kräftige Tannine, dunkle Beeren und Schokolade charakterisieren den Wein Venus vom Weingut Venus la Universal aus der Region Montsant in Spanien (schöne Webseite!). Aus den Trauben Carignon, Grenache und Syrah wird ein beeriger kräftiger Wein gekeltert, von dem ein Teil im Barrique, ein Teil in grossen Ton-Amphoren ausgebaut wird.
Grand Cru Livanto
Der Arabica Grand Cru Livanto wird statt der Intensität von 10 (wie bei den Meeresfrüchten) mit 6 angegeben. Aus Costa Rico und Kolumbien verfügt dieser Kaffee über einen eher malzigen, karamellisierten Geschmack, der gut mit dem Kalb harmoniert.
Auch hier wird der Kaffee dem Fond beigegeben, der am Tisch in den Teller gegossen wird. Perfekte Kombination.
Kokosnuss-Namelaka. Früchte. Kräuter. Blüten.
Schon bei den vorangegangenen Gängen hatte man Hemmungen, die Kunst auf dem Teller zu zerstören. Als Barbar fühlt man sich beim Dessert. Kann man diese Kombination tatsächlich mit dem Löffel durchbrechen und aufessen? Aber das Gute ist ja, Heiko Nieder und sein Team werden auch die nächsten Tage noch in der Küche stehen und sich für jeden Gast die gleiche Arbeit machen. Von daher schwinge ich unbeherzt den Löffel und grabe ihn in die Namelaka. Oder das Namelaka? Oder den? Was ist das überhaupt, frage ich dezent den Service. Die Inhalte sind Milch, Glucose, Gelatine und Rahm, daraus wird eine fantastische Créme erstellt (Video Herstellung Namelaka).
Da darf ein Süsswein nicht fehlen, wir bekommen einen Jurancon von Uroulat, mit schöner Säure. Die Weine kommen aus biologischem Anbau am Fusse der Pyrenäen aus einem familiengeführten Weingut. Ein perfekter Abschluss.
Grand Cru Cosi
Das passende Kaffee-Aroma hier: eine Mischung aus Arabicas von Ostafrika und Mittel- und Südamerika. Vom Arabica aus Kenia kommen dabei die Fruchtnoten, während die Bohnen aus Costa Rico für die Röstaromen sorgen. Die Intensität des Kaffee wird mit 4 angegeben.
Zu viel Stärke würde für dieses Dessert auch nicht passen. Die Kräuter und exotischen Früchte zwar kräftig, dennoch ist das Glacé mit dem Rahm recht mild.
Fazit
Das Restaurant im Dolder ist Erlebnis und nichts eignet sich besser als die Nespresso Gourmet Weeks, um sich das mal anzuschauen. Bei schönem Wetter liegt die Stadt unter euch, die Berge und See vor euch. Das Ambiente sehr gediegen, kein heimeliges Restaurant, sondern opulent mit unglaublich hohen Decken, geradezu ein Palast.
Die Kaffee-Aromen waren nicht immer direkt zu spüren, aber darin liegt gerade das grosse Können von Heiko Nieder. Zu spüren, wann etwas nicht fehlen darf und doch so einzusetzen, dass man es nur spürt, wenn es fehlen würde. Wir kamen zum Abschied nur dazu, 2-3 Worte zu wechseln, denn die Bahn musste den Lunch unterbrechen, der schon fast abendliche Ausmasse angenommen hatte. Die wenigen Worte haben aber einen sympathischen Eindruck hinterlassen, den man auch in den folgenden Videos herausspüren kann. Sicher waren wir nicht zum letzten Mal hier.
The Dolder Grand
Kurhausstrasse 65
8032 Zürich
Telefon: +41 44 456 60 00
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag
12.00 bis 14.00 Uhr
19.00 bis 22.00 Uhr
Samstag
19.00 bis 22.00 Uhr
Sonntag und Montag geschlossen
Beschreibungen Restaurant:
Gault Millau
Michelin
Tripadvisor
Foodblog Das Filet (26.06.2017)
Tagesanzeiger(28.06.2017)
Foodblog Harry’s Ding (13.11.2016)
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