[Restaurant] 1904 DESIGNED BY LAGONDA

1.07.2019
Christian
War ein geniales Restaurant mit einem herausragenden Küchenchef, leider seit einigen Jahren geschlossen.

1904 DESIGNED BY LAGONDA

Um ehrlich zu sein: als die Pressemitteilung über das neue 1904 DESIGNED BY LAGONDA in der Mailbox auftauchte, hatte ich nicht sofort eine Assoziation, was das wohl bedeuten mag. Nach etwas Recherche stellte sich heraus, das 1904 durch Wilbur Gunn die Automarke Lagonda gegründet wurde. Später ging sie in Aston Martin auf und verschwand von der Bildfläche. Nun wird die Marke reaktiviert und wird mit einem zero emission SUV in ein paar Jahren auf den Markt kommen. Wenn man sich das Concept Car anschaut dürfte klar werden, das man sich diese Vision als Normalsterblicher niemals leisten wird können. Umso erfreulicher also, das es ein Restaurant mit dem gleichen Namen gibt, in dem man sich ein Dinner durchaus mal gönnen kann. Aber lohnt es sich auch?

Ein Gourmet-Restaurant wird selten nach einer Automarke benannt, aber hier steht das ganze Konzept für grössten Luxus und Perfektion. Die Einrichtung entsprechend stylisch hofft man beim Eintreten, das bei dem ganzen Fokus auf das Interieur und den Namen nicht die Qualität des Menus leidet. Mit der Auswahl der gastronomischen Experten haben die Eigentümer Andreas Baenziger und Florian Kamelger schon mal alles richtig gemacht: Dario Cadonau vom Engadiner Hotel In Lain zeichnet für das Restaurantkonzept verantwortlich und als Executive Chef hat er Thomas Bissegger eingestellt, der bisher zumindest von der Lage den schönsten Arbeitsplatz der Schweiz hatte: bei der Hotel Gastro Formation in Weggis. Der neue Job wird ihm ganz andere Möglichkeiten bieten und wir sind gespannt, wie er sein Konzept an diesem Abend umsetzen wird.

Entrée

Macaron

Als erstes Entrée wird ein Macaron serviert, gefüllt mit einem Randen-Gel, einer Scheibe grünem Apfel und einer Füllung aus geräuchertem Aaltatar. Bei Macarons heisst es: nicht lang warten und schnell verspeisen. Eine herrliche Kombination!

Cornet

Thomas verrät uns, das er die Hand, die einen Cornet trägt gefüllt mit Rindstatar, Sauerrahm und OONA-Kaviar aus Frutigen beibehalten möchte und als Signature-Dish als Starter von jedem Menu verwenden wird. Da haben wir überhaupt nichts dagegen!

Taco

Das dritte Entrée ist ein Mais-Taco, eingefärbt mit Chipotle (einem rauchgetrockneten Chilipfeffer), dazu etwas Chorizo, marinierter Mini-Lattich und geriebener Käse. Köstlich, so kann es weitergehen.

Zweites Entrée

Noch bevor das 8-Gänge-Menu richtig startet, werden wir gleich überrascht. In wunderschönen warmen Schalen wird ein unendlich cremiges Spinatpurée mit confiertem Eigelb serviert, darüber ein Zitronen-Nage, Spinatsalat und Crunch. Der Crunch kommt von der französischen Edelkartoffel La Ratte. Diese kleine, hörnchenförmige, festkochende Kartoffel hat eine gelbe Schale und gelbes Fleisch und ist nussig und erdig im Geschmack.

Die Kombination von Texturen und das schöne Spiel der Säure mit den anderen Aromen in diesem Gang war ausgezeichnet. Ein gelungener Start!

Was ist Nage?

„nager“: aus dem Französischen übersetzt „schwimmen“. Damit ist die Art der Zubereitung gemeint. Beispielsweise wird dabei ein Fisch in einer Butter-Sud-Mischung gegart und darin dann auch serviert. Nage wird aber auch in Zusammenhang mit Gemüse hergestellt. Manchmal wird Nage auch in Form von einem Schaum präsentiert.

Wie macht man confiertes Ei?

Nach dem Trennen wird das Eigelb in ca. 55 Grad warmer Butter oder Sonnenblumenöl in einem kleinen Topf erwärmt. Am Besten eignet sich ein Backofen, der auf ca. 65 Grad erwärmt wird. Eigelb denaturiert bei 45 Grad und stockt dann bei 65 Grad. Dieser Wert sollte also nicht überschritten werden. In einem alten Backofen ist eine so genaue Temperaturmessung schwierig, aber nach ca. 1-2 Stunden sollte das Ei im Ofen fertig confiert sein.

Nr. 9 – Foie Gras I Pfirsich I Haselnuss

Foie gras kennt man, die fehlt auch selten in der gehobenen Küche. Im 1904 haben sie eine sehr schöne Variante gewählt, die überraschend und neu war:

Eine runde Form, unten Foie gras Paté, im Kern ein Kompott aus weissem Pfirsich, drumrum Foie gras Terrine mit einer Schicht Haselnussöl. Darüber ein Mantel, der ebenfalls Pfirsich enthält. In der Terrine ist übrigens der gleiche Gewürztraminer verarbeitet, der auch zu dem Gang serviert wird und der deshalb auch so perfekt dazu passt.

Auf einem gesondert gereichten Teller überrascht uns ein (nein, kein Foie-gras-Glacé) Haselnuss-Glace, ebenfalls mit Pfirsich-Kompott und dazu Haselnuss-Crumble. Selbstverständlich wird dazu Brioche serviert.

Die Kombination konnte uns vollends überzeugen, ganz grandios die Kühle des Glacé mit dem weichen Kompott und dem Crunch.

Der begleitende Frisant de Gel Gewürztraminer DO 2015, aus Penedés, Nordspanien bei Barcelona war mit leichtem Sprudel und den wunderbar süsslichen Aromen eine perfekte Ergänzung.

Nr. 15 – Balfego Tuna I Kumato Tomaten I Avocado I Koji-Reis

Obwohl schon bisher alles nur in den höchsten Tönen gelobt werden konnte, war der Tuna mein Favorit. Die Zartheit des spanischen, roh servierten Balfego Tuna, mit Fleur de sel abgeschmeckt, war umwerfend. Passend dazu die grazile gefüllte Avocadorolle, das Zitronen-Gel und die Avocado-Créme sowie die rohe Kumato Tomate und ein Koji-Reis-Chip. Perfekt abgerundet wurde das Gericht durch einen Soja-Zitrone-Ingwer-Sud.

Nicht im Foto auch hier wieder das extra servierte Schälchen mit einem Balfego Tuna-Tatar mit Avocado und Koji-Reis-Espuma (ein mit dem Koji-Schimmelpilz fermentierter Reis).

Die gut abgestimmte Weinbegleitung brachte dazu einen Steinberg GG, Riesling 2015 vom Gut Hermannsberg, schön trocken, mineralisch und mit schönen Fruchtnoten.

Nr. 03 – Erbse I Morchel I Dashi

Der vegetarische Gang kommt mit erdigen Frühlingsaromen. Die Erbse wurde in Form von Purée, halbierten ganzen Erbsen und Erbsenkraut mit der Morchel kombiniert. Die Morchel wiederum diente als Füllung des Dim Sum, als Ragout und schliesslich als Morchel-Dashi, einem asiatischen Sud, verfeinert durch Rauchbutter. Wir sind begeistert!

Um die Aromen noch stärker zu unterstreichen, wurde für diesen Gang kein Wein, sondern ein Sherry serviert. Ungewöhnlich, aber aufgrund der starken Aromen des Gerichts sehr passend. Der Sherry No 61 La Bota de Amontillado “Bota NO” DO 2015 ist sehr intensiv und hat einen langen Abgang. Die Flasche ist eine von 2000 aus der alten grossen Produktion Equipe des navasos

Nr. 10 – Zander I Fenchel I Bitterorange

Auch bei diesem Gang hatte die Kreativität von Thomas Bissegger nicht auf einem einzigen Teller Platz. Auf einem Bett von zur Hälfte sautiertem Fenchel und zur anderen Hälfte Fenchelsalat wurde ein zartes Stück Schweizer Zanderfilet gebraten serviert, getoppt mit Bitterorangen-Gel und etwas Fenchelgrün. Am Tisch wird dann die Orangen-Nage mit Schaum angegossen.

Vollendet wird der Gang aber erst durch den Kuckuck Pinot Noir Saignée (Rosé) AOC 2018, aus Winterthur vom Taggenberg. Die Säure des Rosé bringt die perfekte Balance zwischen Wein und Gericht. Die Trauben wurden übrigens nicht gepresst, sondern es wird gewartet, bis sie durch Eigengewicht gepresst werden.

Aber damit ist das Gericht noch nicht beendet, denn es kommt noch ein zweiter Teil! In einem Glasteller wird Zander Ceviche, Fenchel-Granité und ein Bitterorangen-Gel gereicht. Ganz grandios und eine sehr erfrischende Unterbrechnung!

Nr. 11 – Schweinebauch I Kohlrabi I Ananas I Jalapeno

Der nächste Gang spielt mit tropisch leichter Frische. Der Schweinebauch (CH), kombiniert mit Kohlrabi in Form von Salat und Sud wird durch ein hauchdünnes mariniertes Ananas-Carpaccio-Scheibchen bedeckt, darauf fermentiertes Ananas-Gel und gekochte, getrocknete und anschliessend frittierte Schweinehaut.

Das grüne Jalapeño-Öl bringt eine leichte schöne Schärfe, die sich erst spät im Mund entwickelt und somit angenehm überrascht.

Als Trinkbegleitung dieses Ganges wird auch hier kein Wein, sondern ein Bier serviert, und zwar ein Kona Brewing Big Wave Golden Ale, aus Hawai. Leicht, erfrischend, tropisch, mit Noten von Passionsfrucht und Mango. Auch wenn die Idee an sich gut passt, hätte ich persönlich hier doch einen Wein bevorzugt. Das Gericht selbst war aber wieder ganz hervorragend.

Nr. 12 – Rind I Mais I Lattich

Beim nächsten Fleischgericht setzt Thomas Bissegger auf Schweizer Rindsentrecôte. Sautiert zubereitet wird es mit Maispüree, Mais-Chip, gebratenem Mini-Lattich, Belper Knolle, Croutons, roh marinierten Champignons und Petersilienpulver auf einem roten Teller serviert. Am Tisch wird eine Senf-Champignon-Tomaten-Salsa auf das Fleisch drapiert. Schöne Kombination!

Als Beigabe wurde ein winziger Miniature-Rinds-Burger aus geschmorter Rinds-Schulter, ebenfalls kombiniert mit Tomate, Champignon und Lattich gereicht. Besonders nett fanden wir dass Frau FoodFreaks, die diesen Gang nicht gewählt hatte, dennoch den kleinen Mini-Burger bekam und so nicht vor einem leeren Teller sitzen musste.

Dazu ein Ruprecht Pinot Noir AOC 2015, wie der Kuckuck Rosé von Herter Wein. Ich bin kein grosser Pinot Noir Fan (wie es laut dem Service einige gibt), aber dieser konnte mich geschmacklich dennoch voll überzeugen.

Küchen-Zwischengang

Für den nächsten Gang wurden wir in die Küche geladen und durften den Zwischengang auch gleich dort geniessen. Wenn es der Betrieb ermöglicht, kann man durchaus an dem ein oder anderen Abend einen Besuch in der Küche ermöglichen, erzählt uns Thomas. Die Küche ist vom Restaurant über die breite Fensterfront einsehbar, so bekommt man das geschäftige Treiben immer mit, wird jedoch durch das Töpfeklappern nicht gestört.

Thomas überrascht auch bei diesem kleinen Übergang zu den Desserts: Mandelöl-Glacé mit Sherry DX Essig dazu iranischer Kaviar und kleine Schmetterlinge aus Brick-Teig. Auch bei diesen kleinen Gängen sieht man die grosse Kunst der Küche von Thomas Bissegger, von dem man sicherlich noch viel hören wird.

Weisser Spargel I Buttermilch I Yuzu

Der nächste Dessertgang war überaus grandios! Er überrascht mit einer Geschmackskombination aus Spargel, Yuzu und weisser Schokolade, die so perfekt passt, dass man sich unweigerlich fragt, wieso man nicht bereits viel länger darüber gestolpert ist. Ein Bestandteil des grandiosen Tellers war ein rundes Yuzu-Küchlein, getränkt in Yuzu-Saft, darauf Yuzu-Gel, rundherum Buttermilch-Chantilly-Creme, darüber ein hauchdünner weisser Spargel, durch Yuzu-Butter gezogen und getoppt von cremiger weisser Schokoladen-Deko. Daneben, nicht minder umwerfend, ein Buttermilch-Spargel-Yuzu-Sorbet und mit Crunch. Eine Riesling Auslese rundet den Gang vollendet ab.

Zu guter Letzt wurde ein kleines Champagner-Sorbet serviert, das aus dem gleichen Rosé Champagner hergestellt wurde, den Frau FoodFreaks als Begleitung des Menus wählte. Wir sind begeistert.

Abschluss

Macaron

So wie das Menu gestartet hat, endet es auch, mit einem köstlichen Macaron!

Schoggi-Türmli

Ein kleines Türmchen aus weisser Valrhona-Schoggi mit Mohn und Himbeere, geschmacklich und farblich wirklich gelungen.

Champagner

Champagner-Gel und Champagner-Praliné, das man aufgrund der flüssigen Füllung mit einem Mal essen sollte. Champagner pur!

Fazit

Das Fazit? Einfach grandios! Das Ambiente des Restaurants luxuriös, mit viel Platz und Raum und einem ausgezeichneten Service, der von dem Konzept genauso begeistert scheint wie wir nach diesem Abend und eine angenehme Souveränität ausstrahlt. Aber bei einem solchen Dinner, das bei 8 Gängen CHF 220 kostet, steht das Menu im Vordergrund. Und da kann man nur sagen, das wir schon lange kein so perfektes Essen mehr erlebt haben. Die Kombination der Aromen war ausgezeichnet, fokussiert auf nicht zu viele Zutaten, aber mit überraschenden Geschmäckern und gewagten, stets gelungenen Pairings. Häufig wurden für die unterschiedlichen Temperaturen und Texturen zwei Teller serviert, mal gleichzeitig, mal überraschend für den gleichen Gang hintereinander. Auch bei der Weinbegleitung (CHF 128 beim 8-Gänger) ging man erfreulich unkonventionelle Wege. Nach den 8 Gängen waren wir schön gesättigt, wir nehmen an, das auch 4 Gänge (CHF 140) oder 6 Gänge (CHF 180) ausreichend sind.

Für die gehobene Küche in Zürich ist das 1904 definitiv ein grosser Gewinn und wir sind davon überzeugt, dass das 1904 eine Lücke besetzen wird, die in der Innenstadt bisher geklafft hat. Wir waren sicher nicht das letzte Mal dort!

1904 DESIGNED BY LAGONDA
Löwenstrasse 42
Seidengasse 15
8001 Zürich

Tel: +41 (0) 71 69 46 050

ÖFFNUNGSZEITEN

Öffnungszeiten
MONTAG – SAMSTAG
8:30 Uhr bis 23:30 Uhr

Webseite
Facebook
Instagram

#1904_an_r_experience
#1904designedbylagonda

Berichte über das Restaurant:

Gault Millau (04/10/2019)
Falstaff (04/18/2019)
Best of Swiss Gastro (04/18/2019)
Balance sheet (01/10/2019)
htr (08/12/2019).
Rezensionen:

google

Besucht am 12.06.2019
FoodFreaks wurde vom Restaurant für das Menu mit Weinbegleitung eingeladen. FoodFreaks nimmt diese Einladungen gerne entgegen, da ansonsten Restaurantbesuche wesentlich seltener möglich wären. Dennoch schreiben wir unsere Meinung und lassen uns von der Einladung nicht beeinflussen!

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