Ich wohne in Zürich. Seit über zwanzig Jahren bewege ich mich in dieser Stadt, und doch gibt es Quartiere, die abseits meiner gewohnten Wege liegen. Das Seefeld gehört dazu, eigentlich eine wunderschöne Gegend, und doch so weit weg, wenn man diesen Ausdruck in Zürich überhaupt benutzen darf, schliesslich ist doch alles um die Ecke.
In der eigenen Stadt besucht man gewöhnlich Läden, Kinos, Theater und Restaurants. Hotels braucht man nie zu Hause, dafür hat man ja sein Zuhause. Das heisst aber nicht, dass man nicht mal eine Ausnahme machen kann. Und so stehen wir vor dem Hotel Ambassador in Zürich, direkt hinter der Oper. Das Gebäude ist schon von aussen ein Bijou. Tritt man ein, kommt man in eine andere Welt.
Das Hotel war vor der Renovierung etwas in die Jahre gekommen. Während die Küche unter David Krüger von 2017 bis 2020 Höchstleistungen vollbrachte, wurden im Interieur des Restaurants keine Änderungen vorgenommen. Ein vollkommen neues Konzept war nötig, das mit der Eröffnung im März 2023 auch umgesetzt wurde.
Die Wurzeln des alten Gebäudes gehen zurück in eine Zeit, in der die Schweiz noch bekannt war für seine Stoffindustrie. Zürich war damals Dreh- und Angelpunkt einer florierenden Industrie.
Natürlich kann man den Aufzug nehmen, um in die jeweilige Etage zu gelangen. Immerhin war der Aufwand immens, den neuen Lift einzubauen. Man wähnt sich hier auf stabilem Untergrund, doch das ist ein Trugschluss. Das halbe Seefeld steht auf Eichenstelzen im Untergrund, ansonsten wäre man dem wasserreichen Untergrund nicht gewachsen gewesen. Und so sind die herrschaftlichen Gebäude nicht ganz so statisch, wie man meinen möchte.
Das Treppenhaus ist so schön, dass man diesen Gang nicht missen sollte. Aber gut, vielleicht hoch mit dem Aufzug, das Treppenhaus kann man ja auf dem Weg nach unten „erlaufen“. Im ganzen Haus spürt man, dass alles dezent, gekonnt und stilvoll erneuert wurde. Es ist die Handschrift der Innenarchitektin Ina Rinderknecht. Keine Unbekannte, wenn es um die Renovierung traditionsreicher Hotels geht.
Gemäss der Tradition wurde grösster Wert auf die Materialien gelegt: schöne schwere Stoffe, Bronze, Marmor, Holz. Viele Details sind so bedacht gestaltet, dass man sie wohl nur unterbewusst wahrnimmt. Die Stockwerke sind thematisch und farblich gestaltet, lehnen sich an die alten Handelsmetropolen an. Durchläuft man die Stockwerke von oben nach unten, so erlebt man Indien (Gold), Asien mit China und Japan (Rot), Frankreich (Lavendel), England (Blau) und schliesslich Spanien (Grün). Wer auf die Details achtet: hinter den in den Gängen angebrachten Zimmernummern wurde der Schatten der Nummern aus Bronze in der jeweiligen Stockwerkfarbe hinterlegt.
Das Gastrokonzept wurde komplett geändert. „Silk“ heisst die neue Lounge & Bar, natürlich passend zum Konzept. Besonders stolz ist man auf die Cocktails, zu Recht! Diese werden durch das Reinigen mit Milch und dem Absieben durch ein Seidentuch am Ende kristallklar. Die Bar selbst ist in hellen Farben gehalten, alles ist sehr offen gestaltet. Es lohnt sich, auch einfach nur auf einen Cocktail zu kommen, man muss nicht gleich übernachten!
Die Karte der Lounge ist übersichtlich und auch die Portionen sind bewusst klein, sharing steht im Vordergrund. Zwei bis drei Gerichte werden zum Sattsein empfohlen, die Preise liegen zwischen 13 und 22 Franken. Die Gerichte sind kreativ und machen Freude. Das Frühstück ist übrigens umwerfend, am Wochenende kann man es bis 16 Uhr geniessen – so kommen auch sehr späte Spätaufsteher in den Genuss dieses hervorragenden Essens. Ausgezeichnet fanden wir das Egg Ambassador (Kartoffel-Waffel, Onsen Bio-Ei, Speck, Spinat, Sauce Hollandaise) und das pochierte Ei.
Fazit
Das Hotel ist ein wahrhaftes Bijou! Keine Massenabfertigung sondern Individualität auf höchstem Niveau. Apropos höchstes Niveau: Wem das alles noch nicht überzeugend genug war – ganz oben auf dem Hotel gibt es eine traumhafte Terrasse mit herrlichem Blick über die Stadt, auf den See und den Uetliberg. So kann man den Abend ausklingen lassen, auch wenn man nicht in einem der traumhaften Zimmer übernachtet.
Tolle Zimmer – endlich mal ein unaufgeregtes, elegantes Design, das nicht in zehn Jahren völlig überholt wirken wird. Tolle Lage, die Dachterrasse wirkt sehr einladend!
Elegant ist das richtige Wort! Ich gehe in 10 Jahren nochmal vorbei und schaue nach 🙂