[Event] Warum wir in St. Moritz das beste indische Essen fanden

3.03.2019
Christian

Nira Alpina – ein Teil des St. Moritz Gourmet Festivals

Das St. Moritz Gourmet Festival ist das grosse Highlight im Engadin in Sachen Gourmet. Seit bald Jahrzehnten treffen hier die besten Köche der Welt mit den begeistertsten Gourmets aufeinander. Und damit das in gebührender Atmosphäre zelebriert werden kann, finden die Events in den grossen 4 und 5 Sterne Häusern statt. Aber man ruht sich hier nicht auf den Lorbeeren aus, sondern entwickelt in jedem Jahr wieder neue Ideen zusammen mit den Gastköchen, die sorgfältig passend zu Themen ausgesucht werden. Sowohl für die Gastköche als auch für die lokalen Köche sind diese Tage inspirierend und bereichernd (die männliche Form „Köche“ kann man hier wörtlich nehmen, die Köchinnen fehlten in diesem Jahr leider komplett!). 

Seit letztem Jahr hat man das 5-tägige Festival auf 9 Tage ausgeweitet und neu strukturiert. Wie vorher gibt es einen grossen Akt zu Beginn und Ende, neu hatte man in der Mitte die Kitchen Party im Badrutt’s Palace eingefügt, bei der sich alle Köche, Gastköche und die Gourmet-Gemeinde in den Tiefen der riesigen Küche treffen. Dann nämlich ist der Wechsel von den Gastköchen der ersten 4 Tage mit denen der kommenden Tage.

Von besonderer Bedeutung sind die Gourmet Dinner, bei denen der jeweilige Gastkoch beim lokalen Koch in die Hotelküche einzieht und für die Tage das Zepter übernimmt. Im letzten Jahr konnten wir auf Presseeinladung die Gourmet Safari und das Gourmet Dinner von Ian Kitichai besuchen. 

In diesem Jahr wurden wir zur Tavolata im Ecco eingeladen und konnten dort einen phantastischen Abend verbringen. Der zweite Abend konnte mit ganz anderen Aromen begeistern. Der vielfach als bester Koch Indiens ausgezeichnete Manish Mehrotra kochte im Hotel Nira Alpina indische Gourmetküche.

Das Nira Alpina war während des Festivals unser Zuhause und das kann man wörtlich nehmen! Man fühlt sich hier ausgesprochen wohl. Die seit drei Jahren verantwortliche niederländische Direktorin Claudia Pronk war am Dinner ebenfalls präsent und ständig darauf bedacht, mit ihrem grandiosen und herzlichen Team die Gäste zu versorgen. Was ist sonst noch zu erwähnen? Wunderschöner Spa-Bereich, eigene Bäckerei im Haus und direkt an der Corvatsch-Bahn gelegen, mit der man bis auf 3303 m Höhe kommt.

Stilvolle Zimmer im Nira Alpina.

Das Gourmet Dinner wurde nicht im Hotelrestaurant sondern in der gemütlichen Trattoria serviert.

Alles gerichtet für das Dinner.

Schnee gab es genug – direkt vor dem Zimmer.

Amuse Bouche

Bereits am Nachmittag konnte ich mit Manish Mehrotra ein Interview führen, anschliessend erklärte er mir in der Küche seinen Kochstil und das Menu des Abends.

Schon beim Amuse Bouche zeigte sich, das die indische Küche durchaus auf dem Sprung in die Gourmetwelt ist und den internationalen Vergleich nicht scheuen muss. Hierzulande kennt man in der Regel nur die klassischen indischen Restaurants mit grossen Portionen verschiedenster Currys. Ganz anders sieht die indische Küche hingegen im Indian Accent aus, dem Restaurant von Manish Mehrotra, das in New Dehli, London und New York ansässig ist.

Wir starten mit gewürzten Fuchsnüssen, die aber mit Nüssen nichts zu tun haben. Es handelt sich vielmehr um Lotussamen (asiatische Seerose), die dann getrocknet, geröstet und dann aufgeschlagen werden (Link indisches Youtube-Video über die Produktion). Die weissen Fox Nuts / Makhane werden dann in Ghee (typische Butter in Indien ohne Milcheiweiss und Wasser) langsam auf niedriger Flamme in verschiedenen Gewürzen geröstet.

In der Mitte des Amuse Bouche-Tellers wurde Sago Vadai mit indischem Sauerampfer serviert. Sago wird aus dem Kern der Sagopalme oder aus Wurzeln gewonnen, gemahlen und als Tapioka-Perlen im Handel angeboten. Vadai sind kleine Burger, die in diesem Fall aus dem Tapioka hergestellt werden

Die Krokette auf der rechten Seite wurde aus Black Gram zubereitet, der schwarzen Urdbohne. Damit man die weisse Farbe erhält, muss die kleine, wenige Millimeter grosse Bohne geschält werden. Serviert wird sie mit Joghurt und Tamarinde. Ein sehr schöner Start.

Frittierte Lotusblüten

Frittierte Lotusblüten und gepuffter Reis.

Gewürzte Fuchsnüsse – Sago Vadai, indischer Sauerampfer – Black Gram Krokette, Joghurt, Tamarinde

Kashmir Morcheln – Walnuss – Parmesan Papad

Morcheln sind eher ein klassisches europäisches Gericht. Denkt man. Aber Morcheln gibt es auch in Kashmir, wobei sich eine Morchelsuche angesichts der momentanen politischen Situation eher nicht empfiehlt (besser ihr sucht in den Rheinauen…).

Die Morchel wird mit Baumnuss (Walnuss), ebenfalls aus Kashmir, serviert und mit einem Parmesan Papad angerichtet. Papad ist die Kurzform von Papadam und ist ein frittierter dünner Fladen, meist aus Linsenmehl, hier mit Parmesan.

Dazu wird ein 2017er ausgezeichneter Malanser Weissburgunder von Peter Wegelin aus Graubünden serviert, der sehr schön harmonierte.

Kashmir Morcheln Walnuss, Parmesan Papad

Die vielen Gänge verlangen gute Koordination.

Das Team von Chef Dariusz Durdyn ist voll mit dabei.

Sehr souveränes und kompetentes Service-Team, …

… das jedes Gericht ausführlich erklärte.

Gebackener Kabeljau Amritsari – Minze Boondi

Der Fisch als nächster Gang wurde im Bananenblatt gebacken. Diese Blätter haben den Vorteil, dass sie sehr hitzebeständig sind und sogar auf dem Grill einige Zeit aushalten können. Amritsar ist übrigens eine Millionenstadt ganz im Nordwesten Indiens, direkt an der Grenze zu Pakistan. Bekannt ist Amritsar durch den goldenen Tempel (das höchste Heiligtum der Sikh), in dem, um wieder auf das Thema Essen zurückzukommen, jeden Tag für 100’000 Menschen umsonst gekocht wird.

Der gebackene Kabeljau Amritsari wird mit Minze Boondi angerichtet. Boondi sind kleine Kugeln aus Kichererbsenmehl, die so im indischen Geschäft gekauft werden können. Begleitet wird das Gericht passend von einem 2017, Petit Arvine, Cave Ardevaz, aus dem Wallis.

Gebackener Kabeljau Amritsari – Minze Boondi

Tandoori Foie Gras – Kürbis Kokos Salan

Der nächste Gang hat komplett überrascht! Foie Gras habe ich noch nie in einer indischen Version gegessen. Gewöhnlich versucht man ja, den fettigen und eher ins süsslich gehenden Lebergeschmack mit etwas Frischem zu kombinieren. Manish serviert dazu ein cremiges, ebenfalls mächtiges süssliches Salan aus Kürbis und Kokos. Das verwirrt erstmal, passt aber überraschend sehr gut.

Für die Dosa-Flocken wird ein Teig aus Reis und Urdbohnen hergestellt und in einer Pfanne hauchdünn ohne Öl langsam gebacken. Der erkaltete Pfannkuchen wird anschliessend klein in Flocken gebrochen.

Dazu ein 2017er Fläscher Chardonnay, Christian Hermann aus Graubünden.

Tandoori Foie Gras – Kürbis Kokos Salan – Dosa-Flocken

Indische Küche

Biryani  === Reisgericht mit Gemüse und verschiedenen Fleischsorten
Boondi  ===  kleine Kugeln aus Kichererbsenmehl
Chapati === Fladenbrot
Dal === Linsen
Dal Bhat === Linsencurry mit Reis
Dosa === dünne Pfannkuchen aus Reis und Urdbohnen
Garam Masala === Gewürzmischung
Ghee === geklärte indische Butter ohne Milcheiweiss und Wasser
Khichri === Gericht aus Reis und Linsen, häufig als Frühstück
Korma === Curry auf Joghurtbasis, mild, oft mit Kokos
Malai Kofta === Gemüsebällchen
Naan === Fladenbrot
Palak === Spinat
Panir/Paneer === Frischkäse aus Indien
Papad === frittierter dünner Fladen, meist aus Linsenmehl
Sago === aus Sagopalme, Tapioka-Perlen werden daraus hergestellt
Salan === bestimmtes Curry
Tandoori === Fleisch, in Joghurt und Gewürzen mariniert und im Tandoor-Ofen gegart
Thali === Vorspeisen in verschiedenen Schalen (Chutney, Dal, …)
Vadai === kleine gebackene „Burger“

Khichri – Clam Pickle

Khichri ist eines der ältesten Gerichte Indiens und basiert auf den beiden Grundzutaten Reis und Linsen. In Indien wird das Gericht häufig als Frühstück serviert. Das Gericht wird mit sehr viel Kreuzkümmel zubereitet. Häufig werden Gewürze vor dem Mörsern in der Pfanne langsam erhitzt, bis sie ihre Aromen freisetzen. Für das Khichri wird der Kreuzkümmel aber in Öl bei sehr grosser Hitze kurz geröstet, bis die Samen aufspringen und so ihr Aroma freigeben, aber nicht mehr als grosse Körner im Reis stören (=> Rezept von Manish).

Khichri kann auch gut vorbereitet und in einem grossen Topf warmgehalten werden. Manish serviert es an diesem Abend mit Muscheln.

Dazu ein 2014er, Morellino di Scansano Riserva Purosangue vom Weingut Terenzi, Italien. Äusserst spannend, einen so schweren Wein aus der Toskana zu einem indischen Gericht zu paaren.

Anrichten der Morcheln.

Die indischen Chefs waren mit dabei, …

… mit grossem Elan.

Dal Gosht wird angerichtet.

Dal Gosht

Dal kennen wir inzwischen: Linsen! Gosht wird im indischen Raum meist für Ziege verwendet. Wenn das Gericht im westlichen Raum interpretiert wird, nimmt man meist Lamm. Dazu werden frittierte Bällchen serviert, die ebenfalls mit Lammfleisch gefüllt sind, und Kümmel Sunchokes (am ehesten mit Kartoffeln vergleichbar, Knolle wächst in der Erde). Ein wunderbares Gericht!

Dazu ein 2017er, Barolo, Fratelli Giacosa.

Dal Gosht – Lamm-Linsen – Kümmel Sunchokes

Schwarze Karotte Halwa – Tarte Tatin – Pistazien Rabdi

Als Abschluss wurde schwarze Karotte Halwa mit einer Tarte Tatin und Pistazien Rabdi serviert. Dazu diverse Früchte mit etwas Blattgold, das auf diesem Gericht aber optisch wenig erreichen konnte. Während die Gerichte bisher alle überzeugen konnten, war das Dessert der schwächste Part, was vielleicht daran liegen könnte, das man als Europäer im süssen Geschmack doch sehr weit entfernt von Asien ist.

Dazu ein 2016er, Malvoisie Fletri, Domaines Rouvinez aus dem Wallis.

Schwarze Karotte Halwa – Tarte Tatin

Fazit

Ob sich der Abend gelohnt hat? Unbedingt! Auch wenn die Trattoria vom Ambiente nicht gerade typisch indisch wirkt, so hat man sich durch die grandiosen Aromen doch gleich in eine andere Welt versetzt gefühlt. Manish Mehrotra schafft es wirklich, die indische Küche auf einem ganz anderen Level zu kochen. Dennoch bleibt der den indischen Traditionen in Punkto Gewürze, Zubereitung und Basisprodukte sehr treu.

Spannend wäre es durchaus, sich noch ein wenig stärker von den Traditionen zu entfernen und noch tiefer in die Gourmetküche einzutauchen, sowohl vom Stil als auch von den Aromen. Die indische Küche hat ein unglaubliches Potenzial, das in der Sterneküche noch nicht in grosser Breite angekommen ist. Hierzulande fristen die indischen Restaurants ein unbeachtetes Dasein, ganz im Gegenteil zum Beispiel zu Grossbritannien, wo wir unglaublich edle und stylische indische Restaurants besucht haben.

Manish Mehrotra ist eine äussert sympathische Person, der mir im Interview aber auch in der Küche hinter den Kulissen so viel über seine Küche erzählt hat, das am Ende ein Foto von ihm vergessen ging und wir somit auf sein Porträtfoto zurückgreifen müssen. Hoffentlich sehen wir ihn eines Tages wieder und können den Fototermin wiederholen!

*Manish Mehrotra © Rohit Chawla

*Manish Mehrotra © Rohit Chawla

Seit 1994 findet das St. Moritz Gourmet Festival statt. Inzwischen ist es der Food-Event schlechthin im Engadin und ist weit über die Schweiz hinaus zu einem wichtigen Namen geworden. Die Hotels von St. Moritz und Umgebung sind dabei ein zentraler Bestandteil geworden.

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Hotel Nira Alpina
Via dal Corvatsch 76
7513 Silvaplana

Telefon: +41 81 838 69 69

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Restaurant Indian Accent:

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Berichte:

15 Amazing Manish Mehrotra Recipes As Indian Accent Opens In New York (Huffingtonpost India, 11.03.2016)
Was wir vom indischen Starkoch lernen können (Tagesanzeiger, 23.02.2019)
Indiens Starchef: «Jede Küche ändert sich» (Gault Millau, 15.01.2019)

Besucht am 13.01.2019

FoodFreaks wurde für den Event im Rahmen einer Pressereise eingeladen. FoodFreaks nimmt diese Einladungen gerne entgegen, da ansonsten Restaurantbesuche wesentlich seltener möglich wären. Dennoch schreiben wir unsere Meinung und lassen uns von der Einladung nicht beeinflussen!

Wenn ihr anfangen möchtet, die indische Küche kennenzulernen und indisch zu kochen, empfiehlt sich das Buch

Indien. Das Kochbuch von Pushpesh Pant

Der Untertitel heisst: Das einzige Buch über die indische Küche, das Sie unbedingt besitzen sollten.

Das klingt etwas arg überheblich, stimmt in diesem Fall aber!

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